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06.09.2023 | Aktuelles

Klimaschutz: Nicht von Scheindebatten blenden lassen

Durch die Debatte über das Heizungsgesetz ist ein Stein ins Rollen gekommen, der das Erreichen der Klimaziele in Frage stellt. Die Debatte droht, wie fallende Dominosteine, auf andere Handlungsfelder des Klimaschutzes, insbesondere die Mobilitätswende, überzugreifen.

Es wird viel um die Umsetzung der Klimaschutzziele gerungen. Der Expertenrat der Bundesregierung bescheinigt, dass die augenblicklichen Maßnahmen bei weitem nicht ausreichen, die gesetzlich festgelegten Klimaschutzziele zu erreichen. Insbesondere trifft das auf den Verkehrssektor zu. Die Bundesregierung und auch die Oppositionsparteien scheinen das aber nicht zu beherzigen. Sie vermitteln den Eindruck, die eigenen beschlossenen Gesetze seien nicht bindend. Viele Verfassungsjuristen bezeichnen das als einen Rechtsbruch.

Klimawandel schreitet fort, ob wir ihn diskutieren oder nicht
Der Klimawandel wartet auf niemanden. Er ist ein physikalisches Gesetz. Die Wissenschaftler des Weltklimarates IPPC sagen uns klar, dass unser Handeln oder Nichthandeln in den 2020er Jahren über die Lebensbedingungen auf der Erde für die nächsten tausend Jahren entscheiden wird. Währenddessen nehmen die Folgen der Klimakatastrophe schon jetzt drastisch zu. Lesbar für jeden und jede in Studien, Sichtbar für jeden und jede in den Nachrichten.

Allein in diesem Jahr beobachten wir dramatische Auswirkungen des Klimawandels in Peking, Österreich, Slowenien, Spanien, Griechenland, Kanada, den USA, Australien und vielen weiteren Staaten. In unserer Region waren die Menschen an Ahr und Erft schon dramatisch von Hochwasser betroffen.

Klimaschutz ist Menschenschutz.

Entscheidender Satz verkürzt
Zu einer Verharmlosung der Folgen des Klimawandels für die Menschen hat auch ein Satz des neuen Chefs des Weltklimarates, Jim Skea, in einem Spiegelinterview geführt: „Die Welt wird nicht untergehen, wenn es um mehr als 1,5 Grad wärmer wird“. Dies löste im Springer-Blätterwald und auch in den sozialen Medien eine Welle der Erleichterung aus, mit dem Tenor, dass wir uns entspannt zurücklehnen können. Jim Skea hat aber keine Entwarnung gegeben. Die Aussage ging nämlich weiter: „Es wird jedoch eine gefährliche Welt sein. Die Länder werden mit vielen Problemen kämpfen, es wird soziale Spannungen geben.“ Derzeit liegen wir bereits bei einer Erhöhung um 1,2 Grad. Die augenblicklichen Auswirkungen sind nur die Vorboten dessen, was noch zu erwarten ist. In dem Entscheiderpapier des Weltklimarates ist die Bedeutung des 1,5 Grad Zieles nachzulesen.

Auch aus Kostengründen ist ein ambitionierter Klimaschutz notwendig. Wird nichts Entscheidendes gegen den Anstieg der Temperaturen in Deutschland unternommen, verursacht der Klimawandel laut einer Studie des Bundeswirtschaftsministeriums bis 2050 gesamtgesellschaftlichen Schäden von bis zu 900 Milliarden Euro. Damit werden unseren Kindern und Enkelkindern hohe Schadenskosten zugemutet. In der Untersuchung heißt es weiter, dass die danach anfallenden Kosten in Höhe von 30 Milliarden Euro pro Jahr für die Beseitigung der Schäden benötigt werden und den Wohlstand reduzieren.

Scheindebatten sollen Verunsicherung auslösen
Im Augenblick gibt es viele Krisen, die zu bewerkstelligen sind. Ein Argument, dass oft bemüht wird: Die Menschen dürfen nicht überfordert werden, um sie nicht zu verunsichern. Doch dahinter steckt politisches Kalkül. Die Kommunikation rund um das sogenannte „Heizungsgesetz“ zeigt etwa, wie diese Mechanismen funktionieren. Zuerst werden die Menschen durch die Lobby der fossilen Industrie und konservativen Medien durch Pauschalisierung und Zuspitzungen verunsichert – damit das Gefühl entsteht, schon morgen müsse jeder die Gas- und Ölheizung austauschen. Dann wird diese Verunsicherung politisch als Begründung genutzt: die Menschen wollen die Veränderung angeblich nicht, weil sie nicht sozialverträglich ist. Es könne also alles bleiben, wie es ist.

Diesen Mechanismus gibt es auch beim Thema Mobilitätswende. Sie wird zum reinen Thema für das öko-liberale Bürgertum in den Großstädten erklärt, nichts für die Mitte der Gesellschaft. So könne beispielsweise die Mobilitätswende auf dem Land nicht funktionieren, weil die Menschen ein „Autoverbot“ nicht akzeptieren werden. Zudem wird suggeriert, dass es die Technik, die noch nicht da ist, alles richten wird. Eine solche Debatte lenkt ab und macht das Thema Mobilitätswende zu einem Kulturkampf ums Auto. Doch genau darum geht es eben nicht. Wir dürfen uns diese Diskussion nicht aufzwingen lassen. Die Mobilitätswende ist ein Gewinnerthema.

Umfragen zeigen klaren Wunsch nach Handeln
Nach einer Umfrage des Umweltbundesamtes sieht die überwältigende Mehrheit der Menschen in Deutschland angesichts der Klimakrise großen politischen Handlungsbedarf. Allein das sollte uns Mut machen, dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes entsprechend, unsere Verantwortung für den Klimaschutz und damit für die Lebensgrundlagen für die nächsten Generationen weiter zu übernehmen.
Das wird vor allem für den bevorstehenden Wahlkampf zur Kommunalwahl im September 2025 ein wichtiges Thema. Wir müssen dafür sorgen, dass die Mobilitätswende als Gewinnerthema im Wahlkampf eine wichtige Rolle spielt. Die Mobilitätswende steht

  • für mehr Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum
  • für mehr Verkehrssicherheit
  • für bessere Rahmenbedingungen im Einzelhandel
  • für eine bezahlbare Mobilität
  • für mehr Gesundheit
  • für mehr Klimaschutz.


Entscheidend ist eine Kommunikationsstrategie, die sich an folgenden drei Grundsätzen orientiert:

  1. Es ist Aufgabe einer verantwortungsvollen Politik, die Herausforderungen nicht zu verleugnen, sondern die Notwendigkeiten herauszustellen.
  2. Die vorgeschlagenen Maßnahmen müssen sozialverträglich sein
  3. Wir müssen uns ehrlich machen. Der Transformationsprozess bedeutet Veränderung – für viele von uns. Das Motto „Es muss sich was verändern – aber es darf nichts passieren“ ist unrealistisch. Lieb gewonnene Gewohnheiten werden hinterfragt. Und es ergeben sich neue Lebenswirklichkeiten, die eine Verbesserung der persönlichen Lebenssituation ergeben. Unser Zukunftsbild eröffnet neue Perspektiven.

Der Wandel ist möglich
Unsere Zusammenarbeit im Zukunftsnetz Mobilität NRW stärkt uns auf diesem neuen Pfad. Gute Nachrichten, Zusammenarbeit mit Gleichgesinnten, die Anwendung von Instrumenten des Mobilitätsmanagements und ein positives Zukunftsbild zeigen, dass der Wandel möglich ist. Diese Selbstwirksamkeit macht Mut. Es besteht die riesige Chance, dass durch ein gemeinsames Handeln die Zustimmung zu den Maßnahmen zur Förderung des Fuß- und Radverkehrs sowie des Busangebotes und der Sharing-Systeme in Kombination mit der Neuaufteilung der Straßenräume wachsen und eine dauerhafte Veränderung des Mobilitätverhaltens initiiert wird.

Es liegt an uns, dafür zu sorgen, dass der Dominostein "Kommunale Mobilitätswende" nicht fällt. Lassen Sie uns gemeinsam unserer Verantwortung gerecht werden. Wir vom Zukunftsnetz unterstützen Sie dabei sehr gerne mit unseren zahlreichen Angeboten, sowohl für die Kommunalpolitik als auch für die Kommunalverwaltung.

Theo Jansen

Autor

Theo Jansen

Theo Jansen ist Leiter unserer Geschäftsstelle und der Koordinierungsstelle Rheinland beim Verkehrsverbund Rhein-Sieg.


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