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05.12.2022 | Blog

Klimanotstand ausgerufen: Symbolpolitik oder nützliche Sensibilisierung?

Im Hitzejahr 2019 rief als erste deutsche Gemeinde die Stadt Konstanz den Klimanotstand aus, seitdem sind viele Gemeinden in Deutschland diesem Beispiel gefolgt. So startete auch das Klimabündnis Hamm die Aktion „NRW erklärt den Klimanotstand“. Es war unerwartet erfolgreich und ging innerhalb kurzer Zeit in der bundesweiten Kampagne „#Klimanotstand in jedem Rathaus“ auf. Seit 2019 haben 74 Gemeinden den Klimanotstand ausgerufen, darunter allein 32 in Nordrhein-Westfalen.

Doch was bedeutet das eigentlich? Beim Ausrufen eines Klimanotstandes geht es um die Anerkennung der menschgemachten globalen Erwärmung und um die Bekundung des Willens mit geeigneten Maßnahmen dieser Klimakrise entgegenzuwirken. Die inhaltliche Ausgestaltung der Beschlüsse ist dabei jeder Kommune selbst überlassen und unterliegt keinen Vorgaben. Oft sind die Beschlüsse aber mit konkreten politischen Vorhaben verbunden und können sogar Maßnahmen planen die unter den derzeitigen rechtlichen Vorgaben noch gar nicht umsetzbar sind.

Einige Beispiele:

  • Gladbeck will bis 2042 klimaneutral werden. Angestrebt wird eine klimawandelgerechte Stadtentwicklung und die Förderung von Elektromobilität.
  • In Köln sollen bei bestimmten Maßnahmen regelmäßig die Klimafolgen ermittelt, bewertet und abgewogen werden. Darüber hinaus soll das Klimaschutzkonzeptes "KölnKlimaAktiv" 2020-2030 weiterentwickelt werden.
  • Bochum hat sich u.a. als Ziel gesetzt, alle öffentlichen Gebäude mit Öko-Strom zu versorgen.
  • Bonn will bis 2035 klimaneutral werden, hierzu wurde ein Maßnahmenkatalog (unter anderem Stärkung des ÖPNV, energetische Gebäudesanierung, Stadtbegrünung, Regenerative Energieversorgung) und ein begleitendes Monitoring beschlossen.
  • Münster will bis 2050 klimaneutral werden, unter anderem durch den Ausbau von Fahrradwegen und die Förderung des ÖPNV.
  • Gelsenkirchen prüft alle Entscheidungen mit möglichen Klimafolgen, klimafreundliche Alternativen sind zu priorisieren.

Aber:
Rein rechtlich gesehen handelt es sich bei der Ausrufung des Klimanotstandes eher um eine Art Selbstverpflichtung oder Absichtserklärung. Solange dieser Selbstverpflichtung keine Beschlüsse folgen, sind sie inhaltsleer. Aber auch wenn Maßnahmen beschlossen werden, sind die Gemeinden in vielen Bereichen bei deren Umsetzung an gesetzliche Vorgaben gebunden. Wie diese mit einem „Notstand“ zu vereinbaren sind, stellt Kommunalpolitiker*innen oft vor zahlreiche juristische Fragen.

 

Der neueste Bericht des Weltklimarats macht es deutlich: Wir wissen in der Theorie zwar sehr viel über die Ursachen und Folgen der  Klimakrise, setzen aber zu wenig um. Entweder es fehlt am politischen Willen, oder an finanziellen und personellen Ressourcen – und im schlimmsten Fall an allem.

Im Prinzip müssen alle langfristigen Planungsentscheidungen, die heute getroffen werden, den Klimawandel von morgen berücksichtigen, was bisher nicht aussreichend der Fall ist. 2020 hatten immerhin schon 16,4 Prozent der Kommunen und 19,4 Prozent der Kreise NRWs ein Klimaanpassungskonzept - 2013 waren es nur 4,3 Prozent - über einen Zeitraum von sieben Jahren betrachtet ist das allerdings immer noch erschreckend wenig.
Denn: die meisten Maßnahmen benötigen Jahrzehnte um ihre volle Wirkung zu entfalten.


Und jetzt?
Sind Klimaresolutionen also nur wirkungslose Symbolpolitik? Nicht unbedingt.
Das Ausrufen des Klimanotstands kann ein guter Weg sein, um Menschen vor Ort für den Klimaschutz zu mobilisieren. Die Beispiele zeigen zudem, dass sie mehr sein können als nur ein symbolischer Akt. Oft sind sie mit konkreten Maßnahmen wie der Stärkung des ÖPNV, dem Ausbau von Radverkehr oder der Energiewende verbunden. Manchmal beinhalten sie sogar die Entwicklung einer umfassenden Klimaschutzstrategie oder die Vorgabe, zukünftig bei allen Ratsbeschlüssen die Klimawirksamkeit zu untersuchen und zu benennen.

Markus Groth, Wissenschaftler am Climate Service Center Germany (GERICS), stellt fest: “Erste Beispiele zeigen, dass Beschlüsse zum Klimanotstand für Gemeinden ein guter Ausgangspunkt sind, um ihren Weg zur Klimaneutralität genauer zu bestimmen.” Fritz Reußwig, Klimaforscher am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung ergänzt: “Immerhin haben sich die jeweiligen Städte damit für die Zukunft unter Handlungsdruck gesetzt, und zwar freiwillig.".

Seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 29. April 2021 und der Novelle des Klimaschutzgesetzes des Bundestages vom 24. Juni 2021 ist es mit dieser Freiwilligkeit vorbei. Klar ist aber auch, dass das Erreichen von Klimaschutzzielen nur mit der Unterstützung von Bund und Ländern geschehen kann. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung ist der Koalitionsvertrag der neuen Landesregierung in NRW. Er benennt viele Stellschrauben, mit denen Kommunen bei der Mobilitätswende unterstützt werden sollen. Insbesondere die künftige Förderung des kommunalen Mobilitätsmanagements ist ein Meilenstein in der Verkehrspolitik des Landes.

Unser Angebot
Wir begleiten Sie bei allen Aufgaben des kommunalen Mobilitätsmanagements, denn nur eine mutige Politik, die der Verwaltung den Rücken stärkt; eine handlungsfreudige, agile Verwaltung sowie eine Kommunikationsstrategie, die ein positives Narrativ für die Mobilitätswende verfolgt kann langfristig zum Erfolg führen.

Anne Loos

Autorin

Anne Loos

Anne Loos ist Referentin für Mobilitätsmanagement beim Verkehrsverbund Rhein-Sieg in der Koordinierungsstelle Rheinland. 


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